Beim Steuertricksen gehören deutsche Unternehmen zur Weltspitze

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Press release : Beispiel Fresenius: Gesundheitskonzern vermeidet Steuern wie Amazon und Google.

Wenn es darum geht, Steuern zu vermeiden, sind deutsche Unternehmen genauso trickreich wie die oft kritisierten US-Riesen Apple, Amazon oder Facebook. So hat der deutsche DAX 30 Konzern Fresenius durch aggressive Steuergestaltung in den vergangenen zehn Jahren bis zu 2,9 Milliarden Euro Steuern weltweit vermieden. Gleichzeitig liegen acht Milliarden Euro nicht final versteuerter Gewinne des Konzerns auf Offshore-Konten. Das geht aus einer Studie des Centre for International Corporate Tax Accountability & Research (CICTAR) in Zusammenarbeit mit den europäischen und globalen Dienstleistungsgewerkschaftsbünden (EPSU & PSI) und dem Netzwerk Steuergerechtigkeit hervor.

Fresenius ist in fast allen bekannten Steueroasen der Welt vertreten, unter anderem auf den Kaimaninseln und den britischen Jungferninseln, in Hongkong, Delaware, Singapur und Panama. Das Unternehmen nutzt dieses Netz an Steuerparadiesen, um Gewinne dorthin zu verschieben und höhere Unternehmenssteuern in Deutschland und anderen Ländern zu umgehen. Ein beliebtes Instrument sind konzerninterne Kredite: So haben die beiden irischen Fresenius-Tochtergesellschaften im Jahr 2017 allein durch die Vergabe von Darlehen an Konzerngesellschaften in Spanien und den USA einen Gewinn von 47 Millionen Euro erzielt – ohne Mitarbeiter.

„Diese Fallstudie zeigt, dass Gewinnverlagerungen und Verrechnungspreise nicht nur den US-amerikanischen Technologiegiganten vorbehalten sind, sondern von den meisten multinationalen Unternehmen, einschließlich großer deutscher multinationaler Unternehmen wie Fresenius, überall genutzt werden“, sagt Gabriel Zucman, Wirtschaftsprofessor an der Universität Berkeley und Mitglied der Unabhängigen Kommission für die Reform der Internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT). Und gerade Deutschland gehöre zu den Leidtragenden: „Meine Untersuchungen zeigen, dass Deutschland dadurch möglicherweise mehr als jedes andere EU-Land an europäische Steueroasen verliert.“

Fresenius entzieht sich seiner Steuerpflicht, indem es hohe Gewinne dort ausweist, wo die Unternehmenssteuern niedrig sind. In wichtigen Märkten wie Deutschland und den USA werden die Gewinne künstlich kleingerechnet. Fresenius erzielt seine Umsatzerlöse zwar vorrangig in solchen Ländern mit einem Unternehmenssteuersatz von mindestens 30 Prozent, der globale Steuersatz des Unternehmens betrug im Jahr 2018 nach Angaben von Fresenius selbst aber lediglich 18,2 Prozent vom Gewinn. Die für das Gesundheitswesen zuständige Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisiert diese Praktiken scharf. „Der Gemeinschaft wird hier Geld vorenthalten, das dringend für Investitionen gebraucht wird, nicht zuletzt im Gesundheitswesen. Fresenius setzt mit diesen Steuertricksereien seinen Ruf als seriöser Gesundheitskonzern aufs Spiel. “, sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

Die Fresenius-Kritiker fordern, dass das Gesundheitsunternehmen seinen Kurs korrigiert und mit gutem Beispiel vorangeht: „Ein Unternehmen, das sich dem Wohlergehen der Menschen verschrieben hat und seine Umsätze weitgehend im öffentlichen Gesundheitssystem erwirtschaftet, sollte verantwortungsbewusst und transparent seine Steuern zahlen“, sagt Christoph Trautvetter, Steuerexperte beim Netzwerk Steuergerechtigkeit. Ein erster Schritt wäre, dass Fresenius seine Tochtergesellschaften in Steueroasen auflöst, den neuen Standard der Global Reporting Initiative (GRI) umsetzt und seine Steuerpraktiken transparent macht. Aber auch die Bundesregierung stehe in der Pflicht: „Deutschland sollte den EU Vorschlag für öffentliche länderbezogene Berichterstattung unterstützen und auf eine echte Reform des Systems der internationalen Unternehmensbesteuerung drängen anstatt einseitig die Interessen der deutschen Konzerne zu vertreten und sich dem ruinösen Steuersenkungswettbewerb anzuschließen."

Ansprechpartner für Nachfragen :

Netzwerk Steuergerechtigkeit                                              CICTAR

Christoph Trautvetter                                                              Jason Ward, Studienautor

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